Radlhauptstadt München. Jetzt!
Folgenden Antrag hat die Mitgliederversammlung am 03.02.17 fast einstimmig angenommen:
Radlhauptstadt München. Jetzt!
Politische Forderungen des ADFC München an den Münchner Stadtrat
München braucht die Verkehrswende. Und die Verkehrswende braucht das Fahrrad. Jetzt!
Nur mit einer Verkehrswende, die den größten Teil des Verkehrs in den Umweltverbund (ÖPNV, Fahrrad, Fußgänger) verlagert, können Funktionsfähigkeit und Lebensqualität in München aufrechterhalten bzw. wiedergewonnen werden.
Innerhalb des Umweltverbundes muss das Fahrrad künftig den größten Teil der kurzen und mittleren Wege (~2 bis 7 km) erbringen. Der Anteil des Fahrrads an den zurückgelegten innerstädtischen Wegen (Modal Split) soll in München bis 2025 auf mindestens 30% steigen.
Der ADFC Kreisverband München e.V. fordert deshalb den derzeit amtierenden Stadtrat auf:
- Den Umweltverbund (Rad-/Fußverkehr und öffentlicher Verkehr) klar vor dem Autoverkehr zu bevorzugen und insbesondere die notwendigen Flächen für durchgängig qualitativ hochwertige Radinfrastruktur zur Verfügung zu stellen;
- Die ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) mit sofortiger Wirkung verbindlich als Mindeststandard für die Errichtung und Sanierung von sämtlicher Radinfrastruktur zu erklären;
- Als Sofortmaßnahme unverzüglich an allen Straßen ohne separate und regelkonforme Radverkehrsinfrastruktur Tempo 30 anzuordnen;
- Die Planung und Realisierung von innerstädtischen Radschnellwegen deutlich zu beschleunigen und insbesondere die im Münchner Umland bereits in Planung befindlichen Radschnellwege anzubinden;
- Die Verkehrssicherheitsarbeit gemeinsam mit allen daran beteiligten Akteuren (Polizei, KVR, Verbände u.a.) an der Vision Zero - Null Tote im Straßenverkehr - und insbesondere an den Sicherheitsbedürfnissen von Radfahrern und Fußgängern auszurichten;
- Die Nahmobilitätspauschale umgehend auf mindestens 30 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen (Vorgabe des nationalen Radverkehrsplans: 19 € pro Einwohner) und die Verwendung dieser Pauschale jährlich detailliert und für alle Bürger nachvollziehbar zu dokumentieren;
- Die Position der/des Radverkehrsbeauftragten zügig zu besetzen und mit umfassenden, insbesondere referatsübergreifenden Kompetenzen auszustatten.
Begründung:
Die Münchner wollen Radfahren. Jetzt!
Radfahren hat sich in den letzten Jahren weltweit zum Megatrend entwickelt. Immer mehr Städte haben erkannt, dass die Förderung des Radverkehrs eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Umgestaltung des städtischen Verkehrs und für lebenswerte Städte einnimmt.
Auch in Deutschland schätzen immer mehr Menschen die Vorzüge des Radfahrens. So hat sich in München der Radverkehrsanteil in den letzten 15 Jahren auf ca. 20 % verdoppelt. Radfahren ist auf kurzen und mittleren Distanzen unschlagbar: schnell, günstig, gesund, umweltfreundlich und macht dazu noch Spaß. Darüber hinaus ist das Fahrrad in der Elektromobilität wegweisend: ganz ohne Kaufprämie sind bereits über zwei Millionen Pedelecs auf deutschen Straßen unterwegs, und der Boom bei den Lastenfahrrädern zeigt, welche enormes Potenzial der Radverkehr für eine umweltfreundliche Citylogistik ist. Das Radfahren im Alltag ist gerade für junge Leute zum Lifestyle geworden.
Zweifelsohne hat die Landeshauptstadt München in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einiges in den Radverkehr investiert. Wir müssen uns jedoch angesichts von schnell wachsenden Einwohnerzahlen, enormer Verkehrsbelastung an Hauptstraßen, aber auch in Wohnquartieren, sowie von signifikanter Lärm- und Schadstoffproblematik - aufgrund derer Landeshauptstadt und Freistaat schon mehrfach in Gerichtsurteilen zum Handeln verpflichtet wurden - fragen, ob diese Maßnahmen systematisch genug und vom Umfang her ausreichend waren. Denn es fehlt immer noch an vielen Stellen an fahrradfreundlicher Infrastruktur und an Dienstleistungen rund ums Radfahren. Von der dringend notwendigen Verkehrswende sind wir auch in München noch sehr weit entfernt.
Mit einem “Weiter so” in der Verkehrspolitik des Stadtrats wird die bayerische Landeshauptstadt alle gesteckten Ziele im Klima- und Umweltschutz, in der Gesundheitsprävention, in der Erhöhung der Sicherheit gerade für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer, in der Verbesserung der Lebensqualität und in vielen anderen Bereichen verfehlen.
Für eine konsequente Radverkehrsförderung fehlt es in München weniger an Geld als vielmehr an Personal und insbesondere am politischen Willen zu einer Abkehr von der Bevorzugung des Autoverkehrs. So erfreulich die von der Verwaltung vorgenommenen Verbesserungen hier und da sind, so bewirken sie im großen Ganzen leider oft nur wenig. Die gewünschten und notwendigen Steigerungsraten im Radverkehr können damit nicht erreicht werden.
Die Politik der zaghaften Verbesserungen für den bestehenden Radverkehr ist also nicht geeignet, um die drängenden Probleme zu lösen. Es muss daher dringend noch in dieser Legislaturperiode des Stadtrats umgesteuert werden. Eine Verbesserung der Abwicklung des bestehenden Radverkehrs ist etwas anderes als echte Förderung des Radverkehrs! Förderung des Radverkehrs heißt, Menschen jeden Alters und Geschlechts für das Fahrrad zu gewinnen. Das Fahrrad braucht eine gute Infrastruktur, gute Wegenetze und insbesondere ausreichend Platz.
Dafür ist es notwendig, dass die Landeshauptstadt ihre Radverkehrsförderung deutlich intensiviert. Wir brauchen jetzt echte Radverkehrsförderung für alle Münchner Bürgerinnen und Bürger! Nur so kann München “Radlhauptstadt” werden.